Grußwort malyziös

„Nachbarn sind wir schon, lassen Sie uns an der
Freundschaft arbeiten.“

Grußwort von Oberbürgermeister
Dr. Ulrich Maly
am 3. April 2006 bei der Eröffnung der
Landesausstellung „200 Jahre Franken in Bayern“
im Museum Industriekultur

Anrede,
diese kurze Begrüßung gehört zu den schwereren Aufgaben, weil ich mich an empfindlichen Stellen der fränkischen Seele entlang hangeln muss. Verschiedene Varianten wären denkbar:

1. Leicht hätte es der fränkische Patriot mit Stolz im Herzen: Er würde auf die große Vergangenheit der Reichsstädte – besonders Nürnbergs – hinweisen. Er würde herausarbeiten, dass in der Zeit der Industrialisierung die großen Unternehmen in Schweinfurt, die Porzellanfabriken in Oberfranken und die Industrie in Nürnberg dem Königreich das Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet haben. Er würde nicht vergessen zu erwähnen, dass die meisten und besten Sorten bayerischen Bieres fränkische Biere sind, vom Wein – den es in Bayern nun definitiv wirklich nur in Franken gibt – schwärmen. Er müsste darauf hinweisen, dass wir den MP3-Player erfunden haben und mit adidas und Puma den Weltmarkt in Sportartikeln ebenso aufrollen wie die Nürnberger Marktforschung ganz oben mitspielt.
Nur ganz wenigen Eingeweihten würde dann auffallen, dass die Sportartikler und die Marktforscher – obgleich Top of the world – im bayerischen Clusterkonzept komischerweise nicht erwähnt werden. Aber nur ganz wenigen.
Und das ist ja heute auch nicht das Thema. Und die marktschreierische Rolle ist die meine nicht. Außerdem überlasse ich das Frankenloben heute dem Ministerpräsident en.
2. Genauso leicht hätte es natürlich der larmoyant-grantelige Grußwortfranke. Der müsste über die Benachteiligung jammern, dies anhand von extrem ungleich verteilten Max-Planck-Instituten oder Fraunhofer-Dependancen begründen, auf die im Norden höhere Arbeitslosigkeit hinweisen und den oberbayerischen Dialekt- und Trachtenimperialismus geißeln.

Und ganz ohne Beutekunst könnte das natürlich auch nicht vonstatten gehen – dass Dürer-Originale in der Albertina hängen, ist für uns weit leichter hinzunehmen als dass sie in München hängen. Das würde dann überleiten zum aktuellen Kulturzentralismus, der die Staatsregierung in München ein Museum nach dem anderen bauen lässt, aber Halt! Das haben wir doch alle schon tausendmal gehört, mögen’s auch nimmer hören und es ist auch nicht meine Art zu jammern. Also: Für heute ungeeignet.

3. Dann vielleicht doch eher hintersinnig, ein bisschen fränkisch-subversiv. Da müsste man sicher historisch beginnen, mit der Gattin von Paul Merkel, die, so sagt die Anekdote, 1806 weinend zu ihren Kindern gesagt haben soll: „Ihr Armen, nun seid Ihr Fürstenknechte.“ Nachdem es historisch nicht exakt überliefert ist, würde ich annehmen, sie hat gesagt: „Allmääächd Kinder, edzerdla seid Ihr Fürstenknechte.“
Das gäbe mir die Gelegenheit, auf die Begleitausstellung „Paul Wolfgang Merkel. Kaufmann. Reformer. Patriot.“ hinzuweisen, die im Fembohaus stattfindet.
Ich könnte dann beziehungsreich darüber witzeln, dass die Staatsregierung froh sein müsste, dass ihre Vorläuferkönige auf einen obligatorischen Sprachtest bei unserer Integration verzichtet haben – sonst wären wir heute noch preußisch
Denn das prälabiale „L“, das beim Satz „Moo hosd die Kulln ghulld oder sind die gschdulln?“ annäherungsweise zu hören ist, dieses prälabiale „L“ ist vermutlich eine genetische Besonderheit, die auch durch den klaren Vorrang der altbayerischen Leitkultur nicht zu beseitigen ist.
Dann müsste ich mich – alle Freunde dieser Idee mögen mir verzeihen – darüber lustig machen, dass das bayerische Parlament in München einen Tag der Franken ausgerufen hat. Einen Tag. Offenbar zum Gedenken an eine archaische Kultur, an eine aussterbende Spezies. Der Nürnberger Kabarettist Bernd Regenauer hat angemerkt, das sei wie ein Tag der Inuit und vorgeschlagen, wir sollten ihn am besten gleich zusammen mit den Eskimos feiern.
Nein, nein, ich hatte mir vorgenommen, heute sehr friedlich zu sein, in der Begrüßung jede Anspielung zu vermeiden, ja sogar deutlich zu machen, dass wir alle sehr wohl wüssten, dass wir in einem ziemlich guten Bundesland leben, dass für uns jeder Tag ein Tag der Franken ist, genauso wie jeder Tag einer der Schwaben oder Altbayern. Ich hätte gesagt, dass diese landsmannschaftlichen, sprachlichen und Mentalitätsunterschiede den Freistaat bereichern, wollte meinem Eindruck Ausdruck verleihen, dass Staatsregierung und Staatsverwaltung längst die physikalische Blickbrechung überwunden haben, die in früheren Zeiten die Reichweite von München aus auf die Donau begrenzt hatte.
Am Ende wollte ich noch etwas Lobendes über Dr. Beckstein sagen oder vielleicht auch nicht, weil dann immer alle so aufgeregt sind. Ich dachte mir, ich lobe brutalstmöglich zurück, gerade ich als Frankensozi – das wäre ja in jeder Hinsicht unerhört. Bestärkt, dass das die richtige Tonlage ist, hat mich dann am Freitagmittag ein Fax aus der Staatskanzlei (Protokollabteilung) erreicht. Es war ein Textvorschlag für mich, wie ich Herrn Ministerpräsident Stoiber mit Gattin heute begrüßen sollte – ein so genannter „Anredevorschlag“. Sehr geehrte Damen und Herren, erkennen Sie die Fürsorge, ja geradezu die Zuwendung, die aus diesem Fax spricht? Die diese ganze Debatte über die Allmachtbestrebungen der Staatskanzlei als hohles Gerede entlarvt. Es ist nicht Zentralismus, es ist die reine Liebe zu allen bayerischen Landesteilen, die die Menschen dort umtreibt. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ein deutsches Sprichwort sagt: „Einen Franken soll man sich zum Freund, aber nicht zum Nachbarn wünschen.“ Nun – Nachbarn sind wir schon, lassen Sie uns an der Freundschaft arbeiten. Die Ausstellung ist ein Beitrag dazu.


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